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Hoeneß hinkt hinterher

Hier schreibt Udo Lindenlaub eine exklusive Kolumne für Fritten, Fussball & Bier. Udo Lindenlaub ist der Autor des wunderbaren Buches „Von Asche zu Asche“.

Als Uli Hoeneß sein Amt als Manager aufgab, dachte man, dass er eigentlich unersetzlich gewesen sei. Gut, Busrouten nach Oberhausen und Aue wurden noch nicht ausgearbeitet, aber irgendwie fühlte man das Ende einer Ära herannahen. Doch es kam ganz anders: Just an dem Tag, als er den Platz auf der Bayernbank mit dem Vorstandssessel tauschte, kehrte umgehend der Erfolg zurück. Zufall?

Wenn ein instinktsicherer Machtmensch wie Uli Hoeneß eine angekündigte Kandidatur wenige Stunden später wieder zurückzieht, müssen gravierende Gründe dahinter stecken. Er selbst nennt einen Dreiklang aus familiären, Wurstfabrik- und Bayerninternen Argumenten. Alle drei Gründe haben gemein, dass sie im Vorfeld längstens bekannt und abgewogen gewesen sein müssten. Somit wirken sie vorgeschoben wie die amateurhafte Kulisse eines Grundschultheaterstücks.

Erstere Rechtfertigung erstaunt dahingehend, dass ein kluger Mann wie der Bayern-Machiavelli einen solchen Schritt, wenn überhaupt, dann doch vorher mit der Familie diskutieren würde. Die Wurstfabrik lief immer schon nebenbei. Und letzteres Alibi klingt besonders obskur, befürchten doch die übriggebliebenen Herren der Führungsriege die Preisgabe sakraler Interna. Als ob die Bayernstrategie nicht vollkommen offensichtlich wäre. (Aufkaufen der jeweils besten deutschen Spieler bei gleichzeitiger gezielter Schwächung der Konkurrenz, Punktgenaue Angebote an Spieler des Gegners unmittelbar vor Spitzenspielen, Lostreten von Nebenkriegsschauplätzen bei Unruhe im eigenen Verein – in der Regel eine üble Nationalmannschaftkritik).

Die wahren Beweggründe für seine sonderbare Kehrtwende bleiben somit im Spekulativen: Möglicherweise hat er sich schlicht verrechnet und beim Nachzählen erkannt, dass er gegen Rauball keine Chance hat. Oder er war durch den Amtswechsel noch ein wenig orientierungslos und ist zu naiv an die Sache herangegangen. Vielleicht wird er auch schon bald Nachfolger von Theo, dem falschen Zwanziger, eine Perspektive, die sich hinter den Kulissen plötzlich ergeben haben könnte.

Fest steht jedoch, dass Hoeneß seit geraumer Zeit mit seinen Einschätzungen gravierend daneben gelegen hat, sodass schon das Wort vom Uli, dem Fehlerteufel die Runde machte. Angefangen hat das Dilemma mit der Aussage zu Michal Rensing, den er, als dieser noch als Sparringspartner für Kahn fungierte, schon als kommenden Nationaltorwart feierte, an dem es vorbeizukommen für Neuer und Adler unmöglich schien. Es ging weiter mit seiner trotzigen Schelte für den Rebell Lahm, dem er attestierte, dass er eine exklusive Einschätzung mit seinem Spiel auf der rechten Seite habe. Was man, bei strenger Betrachtung, auch als Affront gegen den Trainer werten könnte, den dieser hat ihn ja letztlich auf rechts aufgestellt. Schließlich postulierte er griesgrämig, dass Deutschland auch ohne Müller eine erfolgreiche WM spielen würde. Inzwischen ist Rensing an der Bürde zerbrochen und mäandert ziellos auf der Suche nach einem neuen Verein. Lahm bildet mit Robben die stärkste rechte Seite Europas und Müller ist WM-Torschützenkönig, sowie als bester WM-Jungspund dekoriert.

Und Hoeneß allseits so gefürchtetes Donnergrollen wirkt seit geraumer Zeit seltsam leer und am Thema vorbei. Rüde Stammtischhinterbänkler diagnostizieren gar eine zunehmende Verfettung seiner Denkprozesse durch zu viel Wurstkonsum aus der eigenen Fabrik. Dessen ungeachtet hat sich sein Nachfolger Nerlinger erstaunlich schnell und geräuschlos etabliert. Smart und bayrisch-ruhig leitet er die Geschicke, bisher ohne gravierende Fehler, mit strategischem Geschick, notorischem Selbstbewusstsein und wohldosierter Medienpräsenz. Und wenn van Gaal im Kicker-Sonderheft behauptet, dass die Bayern nun deutschlandweit sympathischer wahrgenommen werden als vor Jahresfrist, dann liegt das auch daran, dass die plumpen Provokationen a la Hoeneß einem allgemein respektvolleren Umgang gewichen sind. Nerlinger sei Dank

Udo Lindenlaub
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