Schaut man beim Fußballspiel den Zuschauern in die Gesichter, sieht man von allen Emotionen etwas: Höchste Anspannung, bibbernde Angst, euphorische Freude und niederschlagende Enttäuschung gehören zum Fußball wie der grüne Platz. Auch wenn die Fußballer gerne für verrückte Torjubel bekannt sind, wie etwa die Finnen, die zuvor eine Tanzchoreografie von Lady Gaga persönlich einstudierten, gilt es beim Spiel auf dem Feld tatsächlich für die Sportler, keinerlei Müdigkeit zu zeigen und sich keine Sorgen, Ängste oder auch Arroganz anmerken zu lassen. Pokerface ist gefragt, wie Lady Gaga schon in ihrem Song kundtat. Das Pokerface stammt aus dem Kartenspiel Poker, wo es tatsächlich fest in der Strategie des Spiels integriert ist. Doch nicht nur am grünen Filz, sondern auch auf dem grünen Platz ist Pokerface gefragt. Also, keine Müdigkeit vortäuschen, bloß nichts anmerken lassen und Coolness bewahren – zumindest bis das Tor fällt, dann ist Jubeln selbstverständlich erlaubt.
Regeln und Strategie im Poker
Poker ist ein weltweit beliebtes Kartenspiel, das für besonders viel Spielspaß und Spannung sorgt. Die bekannteste Variante ist das Texas Hold’em Poker. Die Regeln des Kartenspiels sind schnell gelernt, doch wer glaubt, es ist einfach, zu gewinnen, liegt falsch – denn Strategie ist beim Poker das A und O. Im Texas Hold’em Poker bekommt jeder Spieler zwei Karten, die sogenannten Hole Cards. Haben alle Spieler ihre Karten, beginnt die erste Runde an Einsätzen. Anschließend werden drei Gemeinschaftskarten offen auf den Tisch gelegt, das ist der Flop. Es startet die nächste Runde an Einsätzen, wo Spieler wieder die Möglichkeit haben, mitzugehen, auszusteigen oder zu erhöhen. Als Nächstes wird die vierte Gemeinschaftskarte, der Turn, aufgedeckt, es folgt eine weitere Einsatzrunde und schließlich wird die fünfte Karte offen auf den Tisch gelegt, der River. Noch einmal wird gesetzt und erhöht, sofern noch mehr als ein Spieler dabei sind. Zum Schluss kommt es zum Showdown. Wer jetzt mit seinen eigenen und den Gemeinschaftskarten die beste Hand bestehend aus fünf Karten hat, gewinnt den Pot.
Das klingt zunächst einfacher als es ist. Mit der richtigen Strategie in all diesen Schritten vorzugehen, ist im Poker ungemein wichtig. Denn eine gute Strategie setzt einen fortgeschrittenen Spieler von einem Anfänger ab. Im Poker wird mit unvollständigen Informationen gespielt, denn man weiß nicht, welche Karten die Gegner auf der Hand haben und welche
Gemeinschaftskarten aufgedeckt werden. Mit jeder Entscheidung muss man demnach diese Ungewissheiten abwägen. Ziel der Pokerstrategie ist es, immer genau so zu agieren, wie man handeln würde, wenn man die gegnerischen Karten kennen würde. Um dies zu erreichen, benötigt es unter anderem Beobachtungsgabe und Aufmerksamkeit, ein gutes Gedächtnis, mathematische Kenntnisse und mentale Stärke. Ein weiterer wichtiger Teil der Pokerstrategie: Das Pokerface und die Täuschung.
Das Pokerface am grünen Filz
Im Grunde handelt es sich beim Pokerface um einen undurchschaubaren Gesichtsausdruck, der keinerlei Gefühle oder Gedanken der Person enthüllt. Im Poker ist das Pokerface ausgesprochen wichtig. Während man versucht, bestmöglich zu erahnen, welche Karten die Gegner auf der Hand haben, gilt es, die anderen Spieler in die Irre zu führen, sodass diese keine bzw. eine falsche Ahnung von der eigenen Hand haben. Doch es ist nicht nur das Gesicht, mit dem man sich etwas anmerken lassen könnte, denn auch die ganze Körpersprache gibt in Form von Poker-Tells Informationen über Stärken und Schwächen preis. Diese sogenannten Tells sind im Texas Hold’em Poker sowie in den anderen Varianten wie Omaha und 7 Card Stud Poker ein unfreiwilliger physischer Indikator, der dem Gegner Informationen darüber gibt, ob man die High Card auf der Hand hat oder nur blufft. Augen und Mund, die Stimme und die Hände sowie der gesamte restliche Körper geben den Pokerspielern allerlei Anhaltspunkte, um das Verhalten und damit den Wert der Karten zu analysieren und zu erahnen.
Während man selbst bei den Gegnern auf all diese Tells genaustens achten sollte, um ihre Karten und Verhaltensweisen zu analysieren, geht es darum, selbst stets ein Ganzkörper-Pokerface zu bewahren, um die Gegner in die Irre zu führen. Diese könnten dann durch ein bestimmtes Verhalten glauben, man würde bluffen, tatsächlich hat man aber die richtigen Karten auf der Hand. Die Gegner sind in dem Fall verleitet, weiter im Spiel zu bleiben und geben mehr Chips in den Pot. Auch beim Bluffen gilt es, ein Pokerface zu bewahren, um sich nicht anmerken zu lassen, dass die eigene Hand tatsächlich nichts wert ist. So kriegt man Gegner dazu, auszusteigen, die einen sonst besiegt hätten. All das hängt von der Körpersprache ab, unglaublich, oder?
Auch im Fußball eine gute Strategie
Jetzt ist jedoch die Frage, inwiefern all dies eigentlich auf Fußball zutrifft. Immerhin spielt man hier weder an einem Tisch noch mit Karten. Doch auch auf dem Rasen findet das Pokerface tatsächlich Anwendung. Unter den Fans sind Emotionen auf höchstem Grad normal und werden stark ausgelebt. Im Stadion vergießen selbst die härtesten Männer Tränen oder liegen sich gegenseitig vor Freude in den Armen. Im Stadion ist das erlaubt. Anders sieht das während des Spiels beim Team auf dem Rasen aus. Selbst wenn der kleine Underdog beim Spitzenreiter zu Gast ist, gilt es, mit Selbstbewusstsein aufzutreten und sich seine Angst vor dem starken Gegner bloß nicht anmerken zu lassen. Die Gegner sollen sich ihres Sieges schließlich niemals zu sicher sein. Gleiches gilt zudem auch andersherum, sowohl für Spieler als auch für Trainer, denn arrogant und siegessicher sollte man nicht sein. Beispielsweise bekam dies der Nationaltrainer Joachim Löw bei der Auslosung zur EM 2016 gut hin. Die gezogenen Teams in Deutschlands Gruppe schienen alle machbar, doch anstatt sich zu freuen, dass die deutsche Mannschaft nicht gegen Portugal, Spanien und Italien anzutreten hatte, bewahrte er ein Pokerface. Sorglosigkeit sollten die Spieler nämlich niemals haben.
Ein weiterer Punkt, an dem es essenziell ist, auf dem Spielfeld ein Pokerface zu bewahren, ist es, wenn die Müdigkeit eintritt. Es ist eine altbekannte Regel unter Fußballern, dass man sich niemals die Hände auf die Knie stützen sollte, um durchzuatmen. Da würde sofort jeder sehen, dass man müde und schwach ist. Das könnte das gegnerische Team direkt zu seinem Vorteil nutzen. Das Pokerface gilt zudem auch dazu, um als Spieler einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn es etwa beim Auswärtsspiel in letzter Minute noch brenzlig wird und die gegnerischen Fans laut schreien, gilt es, sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Die Unruhe der Zuschauer kann sich direkt auf die Spieler auswirken, doch wenn diese ihr Pokerface bewahren, hilft es, cool zu bleiben und einen kühlen Kopf zu haben. So kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren: das Spiel. Ach ja, und emotionale Wutausbrüche sind beim Fußball auch nicht gerade dafür bekannt, hilfreich zu sein. Stattdessen: Pokerface!
Was am grünen Filz A und O der Spielstrategie ist, findet tatsächlich auch auf dem Rasen Anwendung: Pokerface bewahren kann sowohl im Poker als auch im Fußball für Vorteile sorgen. Also, bloß nichts anmerken lassen und keine Müdigkeit vortäuschen!