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Wechselfehler – Ein offener Brief an einen entzauberten Zauberer | Fritten, Fussball & Bier
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Fritten, Fussball & Bier / Kultspieler  / Wechselfehler – Ein offener Brief an einen entzauberten Zauberer

Wechselfehler – Ein offener Brief an einen entzauberten Zauberer

Hier schreibt Udo Lindenlaub eine exklusive Kolumne für Fritten, Fussball & Bier. Udo Lindenlaub ist der Autor des wunderbaren Buches „Von Asche zu Asche“.

Sehr geehrter Herr Diego!

Was waren das für unvergessliche Momente, als Sie sich im grün-weißen Werderdress in die Herzen fast aller deutschen Fußballfans zauberten. Das Spiel war auf sie zugeschnitten, der permanente Offensivrausch als Bremer Konzept war wie geschaffen für ihre Einzigartigkeit. Eigentlich müssten sie den dortigen Verantwortlichen auf ewig dankbar sein, dass sie sie mit ihrem typischen Schnäppchenblick auf einer portugiesischen Ersatzbank wach küssten. Leider nervten sie zum Schluss Ihrer Zeit an der Weser nur noch mit unerträglichen Transfergerüchten und halbseidenen Dementis. Dass sie von einem der sympathischsten ausgerechnet zum unsympathischsten Verein (der gerade einen Zwangsabstieg wegen Bestechung hinter sich hatte) und dann auch noch ins blödeste Stadion der langweiligsten Liga wechselten hat hier ehrlich gesagt keiner mehr verstanden und ließ eigentlich nur einen Schluss zu: Sie wollten wechseln, egal wohin, Hauptsache Handgeld kassieren und eine Million mehr verdienen. Und jeder halbwegs intelligente Fan hätte den Schiffbruch vorher prophezeien können. Was vorerst davon bleibt, ist eine vorübergehend verdribbelte Nationalmannschaftkarriere, zumindest eine verpasste WM.

Aber wollten Sie das wirklich selbst? Oder ist nicht sogar ihr eigener Vater das eigentliche Problem, der als Berater wirkt wie ein Kleinkrimineller, der als Scherge zufällig bei einem ausgetüftelten Millionencoup mitwirken darf: überfordert, deplaziert und punktuell größenwahnsinnig.

In der italienischen Sackgasse angekommen, folgt nun das nächste irrsinnige Wendemanöver.

Doch hier, im anderen grün-weißen, von einem Autokonzern subventionierten Bundesligadress, schüren sie keine Emotion mehr in den Herzen der Beobachter. Der elegante Ãœbersteiger zum 3:0 ließ uns alle kalt, er wirkte eher wie albernes Gehampel. Vor drei Jahren wäre man noch vor Verzückung in die Luft gesprungen. Stattdessen freute man sich nun diebisch über die grandiose Mainzer Aufholjagd, die mit wahrem Herzblut erreicht wurde und empfand tiefe Häme bei der totalen Gesichtsmuskelentgleisung Ihrer kompletten brasilianischen Gefolgschaft in der eigens gekauften VIP-Lounge, sowie beim Choleriker Hoeneß und dem Trottel mit dem Regenschirm.

Unter dem Strich hätten sie eigentlich gleich bei Werder bleiben können. Wer weiß, vielleicht wäre man ja mit Ihnen inzwischen Meister geworden. Man stelle sich nur mal eine Bremer Raute mit Ihnen zentral, Özil links, vorne Pizzaservice … Vielleicht hätten sie ja auch Brasilien in Südafrika aus der Lethargie geführt. Ach nein, Fußball findet nicht im Konjunktiv statt. Aber mal ehrlich: Ist es nicht egal, ob man am Ende der Karriere 30, 35 oder 40 Millionen auf dem Konto hat? Ist nicht die Wohlfühlqualität auch ein wichtiges Kriterium bei der Karriereplanung? Fragen sie mal bei Ihrem Landsmann Naldo nach.

Mit völlig erkalteter Zuneigung, kopfschüttelnd und etwas wehmütig, ihr

Udo Lindenlaub

Udo Lindenlaub
2 Comments
  • Frittenmeister

    Herr Lindenlaub, ich finde den Brief auch genial. Der spricht uns allen doch aus den Herzen…

    1. September 2010 at 19:46
  • k11n

    Sehr cool geschriebener Brief.
    Mehr davon! 🙂

    1. September 2010 at 19:06

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