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Fritten, Fussball & Bier / Kolumnen  / Lindenlaubs gefährliche Spitzen  / Ergötzlich – Hommage an das Ausnahmetalent Mario Götze

Ergötzlich – Hommage an das Ausnahmetalent Mario Götze

Hier schreibt Udo Lindenlaub eine exklusive Kolumne für Fritten, Fussball & Bier. Udo Lindenlaub ist der Autor des wunderbaren Buches „Von Asche zu Asche“.

Irgendwann in der zweiten Hälfte des Topspiels eroberte zum x-ten Mal ein defensiver Mittelfeldspieler des BVB zähnefletschend den Ball und schaltete im Nanosekundebereich umgehend auf den sofortigen Gegenangriff um. Die Bayern wirkten in dieser Szene im Vergleich verlangsamt wie ein havarierter Supertanker. Gleichzeitig schoss auf der rechten Seite schnellbootgleich  Mario Götze in die zeitliche und räumliche Lücke hinein. Prompt erhielt er den Ball. Und in diesem Moment wurde klar, dass wir es mit einem absolutem Ausnahmetalent zu tun haben: Schon vorher hatte er wie ein Scanner erfasst, dass auf der linken Seite ebenfalls ein Mitspieler durchgebrochen war, der in einer noch günstigeren Position zu sein schien. Es folgte eine Ballannahme, die nahelegte, dass sein Körper und der Ball zu einer Einheit verschmelzen, so elegant, flüssig und schwerelos wirkt seine Koordination im höchsten Tempo. Aber die perfekte Bewegung war noch nicht zu Ende, der Höhepunkt erfolgte im vollendeten Fluss.

Um dies zu verdeutlichen, möchte ich zunächst beschreiben, wie ein normaler, durchschnittlicher Spieler den Seitenwechsel hausbacken eingeleitet hätte: Schon bei der Kontrolle hätte er wertvolle Zeit verloren. Aber er hätte den Ball auch in den Fuß des Mitspielers gespielt. Präzise zwar, solide und bemüht. Aber mit der Konsequenz, dass dieser kurz hätte abbremsen müssen, um den Ball zu erwarten, entgegenzunehmen und zu verarbeiten. Mit ihm hätte aber auch der ganze Organismus der eigenen Offensive für einen kurzen Moment  innehalten, abstoppen, neu bewerten müssen, bis der Ball wirklich frei für die nächste Aktion gewesen wäre. Dadurch hätten sich die kleinen Zeitverluste zu einem entscheidend großen summiert. Nicht so bei Mario Götze. Er spielte den Ball genau in der richtigen Geschwindigkeit genau auf den Millimeter genau in den Lauf des Mitspielers, sodass der gesamte zeitliche Fluss des Konters im Takt blieb, was impliziert, das Götze die Dimensionen Zeit, Raum und Geschwindigkeit intuitiv vorausberechnen und adäquat vernetzen kann. Und das alles im Höchstbereich der menschlich möglichen Handlungsschnelligkeit. Viele seiner Dribblings, Doppelpässe, Kombinationsangebote sind von dieser Fähigkeit geprägt. Das ist untrainierbar. Es ist einfach so vorhanden, ein klassisches Naturtalent, Ausnahmekunst, gedanklich allen einen Schritt voraus. Im Kopf zwei Spielzüge weiter als der behäbige Rest. Genies leben in der Regel von ihrer Intuition, auf die sie bei ihrer Kunst blind vertrauen können. Er lässt das Fußballspielen kraftlos, frei von Anstrengung, federleicht aussehen. Somit wird er eine Projektionsfläche für Zehntausende von Knirpsen werden, die genauso schwerelos sein wollen wie er.

Zum Glück scheint er darüber hinaus so geerdet, dass er auch die hohen defensivtaktischen Maßgaben annimmt und sich als ein Elftel eines Ganzen begreift. Mario Götze vereinigt somit schon mit 18 eine beängstigend perfekte Mischung.

Udo Lindenlaub
1 Comment
  • Franz

    Der Meinung bin ich auch. Als Shootingstar und erfolgreiches Talent sticht er im Moment auf jeden Fall stärker heraus als die Profis. Hoffentlich werden seine Geschwister nicht auch mal eine starke Konkurrenz, und das innerhalb der Familie..

    2. März 2011 at 09:40

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