In Südamerika haben die Leute eine ganz andere Einstellung zum Leben und zum Tod wie bei uns. Meine Gedanken werdet ihr schnell nachvollziehen können, wenn ihr Euch eine kurze aber wahre Geschichte anhört. In Kolumbien, dem Land der Morde und der Drogenbarone, hat man eine etwas andere Einstellung zum Tod. Das liegt sicher auch an der hohen Mordrate in dem Land und so versinkt man nicht ewig in Trauer sondern macht das Beste daraus und macht sich noch mal einen schönen Tag. So etwas kann natürlich für andere Leute schnell mal befremdlich und skurril wirken…
Anders ist es aber nicht zu erklären, wenn man im Stadion in der Kurve steht und sich neben dir auf einmal ein paar Jungs hinstellen, einen Sarg auf den Schultern haben und aus diesen einen Leichnam herausholen und mit ihm zusammen ganz locker, als wäre das das Selbstverständlichste auf der Welt, das Spiel weiter anschauen. Skurril ist das, keine Frage, aber das Ganze hat einen traurigen Anlass und sollte eigentlich keine Spassaktion sein. Die Jungs des Fanclubs „Barra del Indio“ vom kolumbianischen Klubs Cucuta wollten mit ihrem vor einigen Tagen ermordeten Kumpel noch ein letztes Mal im Stadion einen Sieg ihrer Mannschaft feiern und ihm so seine letzte Ehre erweisen. Genau deswegen haben sie ihren Kumpel dann noch einmal geholt, aus dem Leichenschauhaus, und sind mit ihm zum Heimspiel ihrer Mannschaft gefahren.
Mein Sohn wollte den Abschied so, das haben mir die Jungs gesagt. Daher habe ich das akzeptiert. (Die Mutter des Ermordeten Jungen)
Wer wünscht sich nicht solche Freunde, die selbst nach dem Tod noch alles für einen tun, dafür sogar Gesetze brechen und so einem mit dem Stadionbesuch noch einen letzten Wunsch erfüllen. So etwas kannst du aber auch nur in Südamerika bringen, hierzulande würde man für den Diebstahl eines Leichnams für einige Zeit in den Knast wandern, in Kolumbien spricht der lokale Polizeichef nur von einem „unglücklichen Vorfall“ und lässt es wohl dabei auch beruhen. Vielleicht meinte er damit aber auch das Spiel, denn kaum war der Tote ausgepackt und sah sich das Spiel außerhalb seiner Behältnisses an, fiel der 1:1-Ausgleich…